Forschungsprojekt TEAMLEAD
Was macht Führung von Teams erfolgreich?
Gesucht: Ein wirksames Führungsmodell
Die Führung von Teams zählt heute zu den kritischen Erfolgsfaktoren für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Deshalb interessiert die Frage, welche konkreten Führungsaufgaben ein Team denn tatsächlich zu besseren Leistungen führt.
Die meisten aktuellen Führungskonzepte basieren noch auf einem klassischen Führungsverständnis, das sich nicht auf Aufgabenprofile und komplexe Gruppenbeziehungen, sondern nur auf die Kompetenzen einer Führungsperson und nur auf die Zweierbeziehungen Vorgesetzter-Mitarbeiter konzentriert. Diese Vorgehensweise ist problematisch. Zum einen lassen sich greifbare Handlungsempfehlungen für die Führungskraft leichter aus den konkreten Aufgaben und weniger aus Kompetenzen ableiten. Darüber hinaus führt der höhere Bedarf an Koordinationsund Synchronisationsleistung zu einer Komplexität, Dynamik und zu Reibungsverlusten, die mit dem klassischen Führungsstil nicht in den Griff zu bekommen sind. Deshalb tritt der vielbeschworene synergetische Effekt von Teamarbeit in der Regel nicht ein.
Die synergetische Führung von Teams
Klassische Führungskonzepte legen fest, welche Kompetenzen eine Führungskraft mitbringen sollte. Sie geben aber keine Informationen darüber, in welcher Situation welche Kompetenz benötigt wird oder wie diese von der Führungskraft eingesetzt werden sollte. Es handelt sich um statische Modelle, die keine situativen Aspekte berücksichtigen und nur wenig Orientierung für den Berufsalltag bieten.
Im Forschungsprojekt TEAMLEAD wurde auf Basis anerkannter Modelle ein Führungskonzept entwickelt, das die Realität in Unternehmen besser abdeckt. Das synergetische Führungsmodell benennt sechs aufeinander aufbauende Systemfunktionen mit 23 Führungsaufgaben, die für das Funktionieren und die Effizienz von Teams von Bedeutung sind. Auf diese Weise liefert es Anregungen für konkretes Führungsverhalten im Berufsalltag. Das Konzept strebt dabei eine gezielte „Selbst-Steuerung“ von Teams und Abteilungen an, die eine größere Anpassungsfähigkeit, schnellere Reaktionszeiten sowie flexiblere Antworten auf das Unerwartete in modernen Arbeitswelten (VUCA) ermöglicht.
6 Funktionen mit 23 Führungsaufgaben
Differenzmanagement setzt die Grenzen und sichert Zielklarheit. Ein Team ist erst dann ein Team, wenn es über einen klaren Auftrag verfügt (Systemzweck) und sich als Einheit begreift, nach außen geschlossen auftritt und nach innen jedem Mitglied die Möglichkeiten gibt, sich einbringen zu können.
Unter Ressourcenmanagement fällt die Akquise materieller und immaterieller, finanzieller und personaler Mittel, die bedarfsorientiert zur Erreichung des Leistungsziels zu verteilen sind.
Strukturmanagement setzt sich mit der sozialen Komplexität im Team auseinander. Hier geht es vor allem um die Festlegung klarer Rollen und Verantwortlichkeiten.
Das Managen von zeitlicher Komplexität ist Aufgabe des Prozessmanagements. Die Ablaufplanung muss die durch die interne Rollendifferenzierung bedingten Anschluss- und Synchronisierungsprobleme lösen.
Reflexionsmanagement sichert die Überlebensfähigkeit des Teams, indem die eigene Funktionalität analysiert und verbessert wird. Grundlage sind das Monitoring relevanter Daten und Implementieren eines geeigneten Steuerungssystems.
Entwicklungsmanagement schließlich verhindert die Überlastung des Systems. Wenn Teams den an sie gestellten Anforderungen nicht mehr gewachsen sind, müssen Aufgaben abgegeben oder ausgelagert werden. Und es ist auch Aufgabe der Führungskraft, Projekte oder Systeme abzuschließen und aufzulösen, sobald das Teamziel erreicht ist.
4 Projektphasen zum neuen synergetischen Führungskonzept
Das Forschungsprojekt gliederte sich in vier multimethodisch ausgerichtete und aufeinander aufbauende Projektphasen.
In der ersten Phase wurden 45 Experten befragt, um die zu Beginn noch abstrakten „Systemfunktionen“ zu präzisieren. Über eine zweite Befragung von über 700 Führungskräften wurden die Ergebnisse validiert und das Modell weiter spezifiziert.
Mit der dritten Phase folgte die Evaluation. Für den Test des Modells nutzte das Projektteam ein spezifisch angepasstes Planspiel. Mit einer mobilen Variante der Modellfabrik Koblenz wurden 45 Teams verschiedener Unternehmen und Branchen in einem simulierten Geschäftsprozess aus verschiedenen Perspektiven beobachtet und ausgewählte Leistungskriterien gemessen.
Vor-Ort-Beobachtungen routinemäßiger Teammeetings schlossen die Evaluationen ab. Die Analysen zeigen zum einen, dass die sechs Systemfunktionen ein empirisch nachweisbares Konstrukt für die Beschreibung von Führungsaufgaben darstellen und zum anderen synergetisch geführte Teams spürbare Leistungsvorteile erzielen.
Wie Führungskräfte von dem neuen synergetischen Führungskonzept profitieren
Synergetisch geführte Teams und Abteilungen sind deutlich leistungsfähiger und schaffen eine bessere Balance zwischen den verschiedenen Leistungskriterien. Sie können einen höheren Grad an Komplexität verarbeiten und entwickeln ein immer höheres Niveau der Selbststeuerung.
Das synergetische Führungskonzept beschreibt die Führungsaufgaben für Hochleistungsteams. Es gibt konkrete Empfehlungen für das eigene Führungsverhalten, und ein Readiness-Check für Führungskräfte und Teams hilft Ihnen, konkrete Verbesserungspotenziale im Führungsverhalten zu erkennen.
Projektteam
Publikationen
Rascher, S., Popp, C. & Kemény, C. (2020). Der Faktor Mensch und die Automatisierung von Arbeitstätigkeiten – Lehren aus der zivilen Luftfahrt. In J. Nachtwei & A. Sureth (Hrsg.), Sonderband Zukunft der Arbeit (HR Consulting Review, Bd. 12, S. 483-486). https://www.sonderbandzukunftderarbeit.de
Rascher, S. (in press). Leadership in Zeiten der Krise – wie Führungskräfte für Sicherheit und Orientierung sorgen. Business Psychology TO-GO, 2.
Rascher, S. & Lossie, M. (in press). Kommunikation unter Stress – was man im Rettungsdienst von der Verständigung zwischen Piloten und Fluglotsen lernen kann. In A. Nikendei &
P. Huber (Hrsg.), Rettungsdienst–Praxisbuch Kommunikation. Verstehen & verständigen. Stumpf + Kossendey.
Graf, N., Rascher, S. & Schmutte, A. (2020). Teamlead. Führung 4.0. So führen Sie Teams synergetisch zu Höchstleistungen. Mit Tipps und Checklisten für die Praxis. Springer Gabler.
Schmutte, A., Graf, N. & Rascher, S. (2020). Digital Team-Leadership – Führen von Teams im digitalen Raum. In M. Harwardt, P. Niermann, A. Schmutte & A. Steuernagel (Hrsg.), Führen und Managen in der digitalen Transformation. Trends, Best Practices und Herausforderungen (S. 83 – 98). Springer.
Rascher, S. (2019). Psychologische Sicherheit in der digitalen Welt – wie man in der Luftfahrt mit Fehlern umgeht. Business Psychology TO-GO – Der Mensch im Dschungel der Digitalisierung, 1, 42 – 46.
Rascher, S. (2019). Das große Ganze sehen. Oder wie ein Team mit Ambiguität und Unsicherheit umgeht. Training aktuell, 11, 32-34.
Rascher, S (2019). Just Culture – wie Piloten eine konstruktive Fehler- und Vertrauenskultur schaffen. Springer.
Rascher, S. & Fahnenbruck, G. (2019). Critical Incident Stress Management – wie professionelle Krisenintervention die Luftfahrt resilienter macht. In C. Triebel, H. Heller, B. Hauser & A. Koch (Hrsg), Reslienz für die VUCA-Welt (S. 269-282). Springer.
Rascher, S., Graf, N. & Schmutte, A. (2018). Teamlead – wie man Teams in komplexen und unsicheren Arbeitswelten erfolgreich führt. managerSeminare, 249, 30-37.
Rascher, S. (2018). Verschiedene Denkstile sichtbar machen. Training aktuell, 7, 32-34.
Rascher, S. & Schröder, R. (2017). Die Gestaltung einer konstruktiven Fehlerkultur als Führungsaufgabe in High Reliability Organizations (HRO) am Beispiel der zivilen Luftfahrt. In C. von Au (Hrsg.). Leadership und angewandte Psychologie, Band 2 (S. 177-200). Springer.
Rascher, S. (2017). Die Gestaltung einer achtsamen Trennungskultur als Führungsaufgabe. In C. von Au (Hrsg.). Führung im Zeitalter von Veränderung und Diversity. Innovationen, Change, Merger, Vielfalt und Trennung (S. 195-220). Springer.
Rascher, S. (2016). Die Gestaltung einer konstruktiven Fehlerkultur: Was Führungskräfte von Piloten lernen können. Changement, 1, 8-10.
Rascher, S. (2016). Reflexion und Management von Fehlern im Coaching. In C. Triebel, J. Heller, B. Hauser, A. Koch (Hrsg.), Qualität im Coaching (S. 93-105). Springer.
Genzwürker, S. (2006). Organizational Commitment in Umbruchsituationen – ein ressourcenorientierter Ansatz.Der andere Verlag (zugleich Dissertation Universität Freiburg i. Br.,).
Genzwürker, S. (2005). Social functioning and personality of subjects at familial risk for affective disorder. Journal of Affective Disorders, 84, 33-42.
Genzwürker, S. (2000). Die atmende Organisation – Anspruch und Wirklichkeit einer bedürfnisorientierten Arbeitsgestaltung. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br..